Ein Massdach für den Torkel

Ein kleiner Torkel räumt Landes- und Bundesdenkmalpreis ab. Hinter dem Projekt steht ein Handwerker mit besonderem Fachwissen.

Es ist ein kleines Gebäude, in dem einst eine Weinpresse stand, und ein Zeichen der Weinproduktion am Bodensee: ein historischer Torkel aus dem Jahr 1786, in dem einst eine Weinpresse ihren Dienst versah. Stark geschädigt, aber noch sehr nahe an seinem Ursprungszustand. Und damit besonders interessant für das Denkmalamt. Eigentlich suchten die Bauherren nach einem neuen Heim. Dass dieses am Ende nicht in, sondern neben dem alten Gemäuer entstand, war der üppigen Grundstücksgröße und den rechtlichen Gegebenheiten zu verdanken. Der sanierte Torkel dient jetzt als Veranstaltungsraum und Atelier. Doch wer sollte nun den denkmalgeschützten Torkel fachgerecht sanieren? Aufgrund der speziellen Anforderungen und der zahlreichen Denkmalschutzvorgaben war dies eine Aufgabe für einen Spezialisten. Und der fand sich in dem Zimmerermeister und Restaurator Sebastian Schmäh.

 

Portfolio erweitert

Bereits in sechster Generation ist die Familie Schmäh im Zimmermannsgeschäft. Seitdem Sebastian das Unternehmen im Jahr 2003 übernommen hat, stieg nicht nur die Mitarbeiterzahl von 2 auf 30, auch hinsichtlich des Portfolios hat sich einiges getan. Zum Zimmermannsgewerk gesellte sich die Dachdeckerei. Dies geschah nicht ohne Plan, denn immer häufiger fragte sich der Unternehmer, wer diese Arbeit übernehmen sollte – insbesondere bei Denkmalschutzobjekten war es schwierig, einen Partner zu finden. Beide Gewerke gemeinsam zu betreuen, sieht er sehr positiv: „Für mich hat es große Vorteile, 
viele Projekte gewerkübergreifend abzuwickeln, denn so habe ich die Fäden in der Hand und dadurch deutlich mehr Handlungsspielraum. Wenn zum Beispiel ein Gewerk noch warten muss, können wir in der Zwischenzeit schon eine andere Arbeit fertigstellen“, erklärt Sebastian Schmäh. So ist der Unternehmer unabhängiger von anderen Gewerken und spart sich nach eigener Aussage eine Menge Stress und Abstimmung.

 

In der Restaurierung zu Hause

Dass das Handwerk „ganz gut in der Restaurierung zu Hause“ ist, hat der Zimmerer schon früh gemerkt. Sobald es etwas spezieller wurde, waren viele andere Betriebe raus. „Das bedeutet auch, dass es bei vielen Projekten kaum Wettbewerb gibt. Und das wachsende 
Fachwissen sorgt dafür, dass man sich einen guten Ruf erarbeitet“, berichtet der Unternehmer. „Wir sind tief in die Materie eingestiegen. In unserer Umgebung gibt es eine hohe Denkmaldichte, da kann es doch nicht die Lösung sein, immer nur Biber naturrot in 12 Millimeter Stärke aufs Dach zu legen. Wenn man sich den Bestand anschaut, müssen es dann auch mal 18 Millimeter Dicke sein, um möglichst nah ans Original zu kommen“, ist sich der Unternehmer sicher.

First und Grat sind aus Denkmalschutzgründen gemörtelt.
First und Grat sind aus Denkmalschutzgründen gemörtelt.

First und Grat sind aus Denkmalschutzgründen gemörtelt.

Heute strahlt der historische Torkel wieder im neuen Glanz. Um dieses Ergebnis zu erzielen, war eine Menge Spezialwissen nötig.

Heute strahlt der historische Torkel wieder im neuen Glanz. Um dieses Ergebnis zu erzielen, war eine Menge Spezialwissen nötig.

Fachkräftemangel? Nicht für Schmäh.

Sein ganzes Wissen steckte er in die Sanierung des Torkels. Schon vor dem Kauf des Objekts stand er den Bauherren beratend zu Seite. Seine präzise Kostenschätzung lag am Ende nur zwei Prozent über den tatsächlichen Baukosten. Für die Planung holte er sich dann auch externe Experten ins Boot. „Wir arbeiten in diesen Fällen auch mit Partnerbetrieben“, führt Sebastian Schmäh aus. An Fachpersonal mangelt es ihm nicht. „Wir bekommen viele Bewerbungen von interessierten Handwerkern und potenziellen Auszubildenden, die genau das machen möchten, was wir tun.“ 

 

Glücksfund im Gefach 

In neuem, altem Glanz erstrahlt der Torkel nun auch mit neuer Eindeckung. Den richtigen Ziegel zu finden, war Detektivarbeit und auch Glückssache. Denn die Erbauer haben ihr Baumaterial bis auf den letzten Ziegel verwendet – gern auch „fachfremd“. So fanden sich originale Biberschwanzziegel aus dem 18. Jahrhundert als Mauerziegel in den Gefachen des Fachwerks. „Dadurch konnten wir rekonstruieren, welche Dachziegel ursprünglich auf dem Dach lagen und wie wir möglichst nah ans Original anknüpfen.“ Doch wie erarbeitet man sich das Fachwissen, um sich so speziellen Aufgaben stellen zu können? „Wir schicken unsere Mitarbeiter immer wieder zu fachlichen Fortbildungen. Das und die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt hat uns mit jedem Projekt mehr Wissen und damit eine höhere Spezialisierung eingebracht“, berichtet der Zimmerer. Für so viel Engagement sowie präzise Planung und Verarbeitung wurde das Objekt mit dem Landesdenkmalpreis im Jahr 2014 ausgezeichnet. Und 2019 gab es noch eine gute Nachricht: Der Torkel wurde auch beim Bundesdenkmalpreis im Handwerk gewürdigt.

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