Im dänischen Kolding empfängt ein architektonisches Juwel Patienten. Die Sanierung des historischen Gebäudes umfasste auch das Dach. Die Sanierung wirft eine grundsätzliche Frage auf: Wie decken die Dänen ihre Dächer?
Das dänische Kolding ist ein beschaulicher Ort. Rund 70.000 Einwohner zählt die Hafenstadt am Koldingfjord in der Region Syddanmark. Ein bisschen außerhalb der Altstadt mit ihren Kopfsteinpflastergassen und historischen Stadthäusern befindet sich ein großer alter Vierkantbau. Das „Låsbyhøj“ oder De Gamles Hjem, wie es ursprünglich genannt wurde, wurde 1910 erbaut. Es war das erste Pflegeheim der Stadt. Wo ältere Menschen zu Hause auf dem Bauernhof in den Ruhestand gingen, hatte die durch die Industrialisierung geschaffene neue Arbeiterklasse kein ausreichendes Platzangebot, um die ältere Generation zu beherbergen. Die alten Menschen lebten daher oft unter miserablen Bedingungen. Im Låsbyhøj fanden sie ein Zuhause. Låsbyhøj liegt wie eine kleine Burg hoch am Rande des Stadtzentrums von Kolding in prominenter Lage. Zu Beginn der fünfziger Jahre wurde das Heim dann um einen Trakt erweitert und es entstand die Form des Vierkanthofs. Später wurde aus dem Pflegeheim ein Gesundheitszentrum. Heute befinden sich hier die lokale Psychiatrie der Region Süddänemark und die Sozialpsychiatrie der Gemeinde Kolding sowie eine Reihe anderer Dienste in der historischen Umgebung zusammen unter einem Dach.
Verjüngungsprozess für ein Denkmal
In älteren kommunalen und regionalen Gebäuden besteht auch in Dänemark häufig ein großes Renovierungspotential. Dazu gehören modernere Grundrisse, ein besseres Raumklima, ein geringerer Energieverbrauch und ein besserer Lichteinfall. Im Fall von Låsbyhøj musste das bestehende Gebäude in Bezug auf Anordnung, Zugänglichkeit und Lichteinfall überarbeitet werden. In Richtung Umgebung wurden die Fassaden des Gebäudes umfassend renoviert und frisch gestrichen. Das Ganze musste nach den Vorgaben des Denkmalschutzes geschehen und trotzdem ein für heutige Verhältnisse praktikables Gebäude hervorbringen. Heute erscheint Låsbyhøj als ein einladendes, flexibles und zeitgemäßes Haus, das den Standards von heute und morgen entspricht und gleichzeitig die Geschichte des Hauses bewahrt.
Gebäude total saniert
Um das Gebäude fit für die neue Aufgabe zu machen, waren eine Reihe von Maßnahmen nötig. Neben einer Aktualisierung und Umstrukturierung der Räumlichkeiten und einer teilweisen Restaurierung des Außenbereichs des Gebäudes wurde im Innenhof des Gebäudes eine einstöckige Erweiterung errichtet. Die Erweiterung verbindet die verschiedenen Abteilungen von Låsbyhøj und schafft einen intimen Innenhof, in dem Außen und Innen verschmelzen. Das Gelände im Innenhof wurde abgesenkt, so dass es heute dem Eingangsplan des Gebäudes entspricht. Die Fassaden des Gebäudes wurden im Hinblick auf das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gebäudes renoviert und restauriert. Neue Fenster wurden installiert, die Fassaden wurden frisch gestrichen. Auch das Dach wurde einer Generalsanierung unterzogen. Dabei setzten die Planer bei der Wahl der neuen Eindeckung auf ein Produkt aus dem südlich gelegenen Nachbarland – zum Zug kam ein Hohlfalzziegel der Creaton GmbH. Womit wir bei einer generellen Frage sind: Wie deckt der Däne sein Dach? „In Dänemark werden sehr stark die traditionellen Hohlfalzziegel verwendet. Diese machen einen großen Teil der Dacheindeckungen aus. Dabei werden neben naturrot oft eine dunkle Edelengobe oder glasierte Oberflächen eingesetzt. Als Alternative wird dann aus wirtschaftlichen Gründen oft auch ein Flachdachziegel verwendet“, berichtet Jesper Kjellberg, Sales Manager bei V.Meyer A/S, einem dänischen Baustoff-Importeur und Exklusivpartner der Creaton GmbH.
Neue Dacheindeckung
Auch das Dach wurde im Zuge der umfassenden Sanierung erneuert. Bei der Errichtung des Baus war es noch ein nicht ausgebauter, klassischer „Dachboden“, doch schon vier Jahre nach der Eröffnung brachte der Ausbau neue Zimmer für die Bewohner unter das Dach. Das schöne, gefällige Dach in Mansardform war eine gute Erweiterungsmöglichkeit für das Altenheim. Nach vielen weiteren Umbauten erfuhr das Dach nun im Herbst 2018 eine Generalüberholung. Der Dachstuhl wurde komplett saniert, schadhafte Bauteile ausgetauscht und verstärkt. Mit dem Creaton-Tondachziegel Melodie schwarz Finesse löste ein klassisch „nordischer“ Ziegel die alte Dacheindeckung ab. „Das Dach dieses Gebäudes zierte über 80 Jahre ein Hohlziegel in schwarzer Glasur, dessen Hersteller heute unbekannt ist“, berichtet der Däne Jesper Kjellberg. „Nun konnte er mit einem neuen glasierten Hohlfalzziegel mit etwas niedrigerem Glanzgrad ersetzt werden. Dabei fiel die Wahl auf den MELODIE in Finesse schwarz aus dem Hause Creaton. Das Bild der schwarzen Glasur des Ziegels zur schönen weißen Fassade des Gebäudes hat die Architekten überzeugt“, ist sich Kjellberg sicher.
Auf Vorschlag von Zimmerermeister Volker Hanisch wurde das Dach von außen gedämmt. Mit der Rauspundschalung auf den Sparren kommen so die alten Balken und Sparren zu Geltung.
Auf dem ausgebauten Dachboden soll das Eventagenturbüro der Bauherrin Carolin Steinheuer entstehen.
Wärmedämmung von außen: Auf der Rauspundschalung wurde zunächst eine diffusionsoffene Bahn verlegt, anschließend kam eine 100 mm dicke Wärmedämmung zum Einsatz.
Spezialanfertigung: Die alten Gauben mussten komplett ausgetauscht werden. Die Firma Holzbau Hanisch fertigte in ihrer Werkshalle alle elf Gauben neu an. Per Kran wurden diese auf das Dach gesetzt.
Das kleine Format und der hohe Verschiebebereich der Rustico-Ziegel war auf dem alten, windschiefen Dach besonders von Vorteil.
Originalgetreu bis ins Detail: Die Gauben wurden mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Den Grat haben die Fachhandwerker mit der First- und Gratrolle von Creaton abgedeckt. So kann Luft vom Dachinneren entweichen, aber keine Feuchtigkeit eindringen.
Steil und hoch: Für die anschließende Eindeckung wurden die Firstziegel mit Hilfe eines Krans aufs Dach gebracht.
Die Firstziegel werden sicher verschraubt, um jedem Wetter zu trotzen.
Zimmerermeister Volker Hanisch (Mitte) und sein Team haben ganze Arbeit geleistet. In wenigen Monaten konnten sie das sehr baufällige Dach komplett sanieren.
Für die Dachsanierung mussten die Auflagen des Denkmalschutzes eingehalten werden. So wurden auch die Gauben wieder asymmetrisch an den gleichen Stellen ins Dach integriert, wie vor dem Umbau.
Auch in den Zwischendecken des Hauses haben die Zimmerer von Holzbau Hanisch einige Holzbalken ausgebessert.
Viele Vorteile
Rund 2.500 m2 Dachfläche wurden so neu eingedeckt. Hinzu kam die Sanierung der 68 kleinen Gauben. Der Ziegel war in vielerlei Hinsicht eine gute Wahl: Die unterschiedlichen Dachneigungen der komplexen Dachlandschaft des Vierkanthofs machen ihm nichts aus. Immerhin ist der Dachziegel bis zu einer Dachneigung von 10° einsetzbar, braucht dann allerdings ein wasserdichtes Unterdach. Den großen Verschiebebereich und das geringe Gewicht von 3,2 kg wussten die Dachdecker zu schätzen. Und die ausgeklügelte Verfalzungstechnik sichert eine optimale Wasserführung und bietet eine erhöhte Regeneintragssicherheit. Hinsichtlich gesetzlicher Bestimmungen zu den verarbeiteten Produkten bestehen überhaupt keine Probleme: „In Dänemark werden die Dächer nach den dänischen Fachregeln eingedeckt. Diese sind aber in vielen Bereichen den deutschen Fachregeln sehr ähnlich“, erklärt Jesper Kjellberg, der in beruflicher Hinsicht mit vielen Baustoffen internationaler Hersteller vertraut ist.
Bauen in Dänemark
Doch funktioniert das Bauen in Dänemark grundsätzlich anders als in Deutschland? Nun, ein bisschen muss man sich wohl schon umstellen, wenn man die Ausführungen Kjellbergs aufmerksam verfolgt. Insbesondere die Vorgaben zur Termintreue sind eine Herausforderung. „Bei den Baustellenterminen wird in Dänemark meist ein fester Eindeckungszeitraum vorgegeben. Dieser wird sehr streng kontrolliert und überwacht. Die großen Bauunternehmen und Fertighausfirmen arbeiten hier mit festen Vertragspartnern bei der Montage zusammen. In Dänemark sind Projektbauten und Großbaustellen auch im Wohnbau bzw. Siedlungsbau sehr stark vertreten“, erläutert Jesper Kjellberg. Die strengen Zeitpläne führen durchaus zu erhöhter Wachsamkeit der beteiligten Partner, so auch bei diesem Projekt. „Die Logistik für dieses Projekt wird durch uns als Exklusiv-Partner V.Meyer gesteuert. Wir steuern die Ware LKW-weise über unser eigenes Lager oder das von Vertragspartnern zu den fest vorgegebenen Terminen an die Baustelle. Hier ist oft eine sehr enge Terminplanung mit Kranentladung vorgegeben.“ Klingt aufwendig, hat sich in diesem Fall aber doppelt gelohnt. Denn der große Aufwand rentierte sich schließlich auch für die Bauherren: Nicht nur die Patienten und Besucher fühlen sich in dem Haus nun sehr wohl, die Sanierung wurde 2019 auch mit dem Architekturpreis der Gemeinde Kolding ausgezeichnet.
Steckbrief
Objekt/Standort
Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes in Kolding (Dänemark),
heutige Nutzung als Gesundheitszentrum
Bauzeit
Herbst 2018
Produkt
MELODIE schwarz Finesse