Ein kleines Gebäude in exklusiver Lage, ein Kahn und ein Dachdecker. Über ein besonderes Bauvorhaben und blaubunten Biberschwanz.
Mitten im idyllischen Spreewald wohnen, in einem Gebiet, das der Natur viel Raum lässt und gleichzeitig von unzähligen Wasserstraßen durchzogen ist – ein Wohntraum? Das kann man so sehen, wenn man nicht der Dachdecker ist, der ein altes Gebäude sanieren soll und dazu allerlei Werkzeug und Material benötigt. Denn die Straße ist weit weg und alles, was auf der Baustelle benötigt wird, schippert mit dem Kahn an sein Ziel.
Dorf ohne Straße
Umladen, abladen, aufladen, transportieren, wieder abladen und dann irgendwann einmal verwenden – so funktioniert die Logistik in Lehde, einem kleinen Dorf, das heute zu Lübbenau im Landkreis Oberspreewald-Lausitz gehört. Die Bewohner des Ortes sind es gewohnt, dass Waren bei ihnen oft ungewöhnliche Wege nehmen. Und so sind sie eine kleine, fest zusammenhaltende Gemeinschaft geworden, in der jeder jedem hilft. Ein Kahn oder Boot gehört zur Grundausstattung des Haushalts, denn schwere Lasten kommen nur über das Wasser zu den Bewohnern. Zwar gibt es einen kleinen Weg, der zu einem großen Parkplatz führt, doch dieser kann nicht von Autos befahren werden.
Sanierung Stück für Stück
Das Gebäudeensemble des Bauherrn umfasst auf dem Grundstück mehr als den Schuppen. Auch die weiteren Bauten sollen nach und nach saniert werden, eines Tages will der Bauherr hier vielleicht seinen Wohnsitz aufschlagen. Doch zunächst galt es, diesen Bau, der dem Wasser am nächsten ist, sorgfältig und unter Verwendung des Bestandsmaterials zu sanieren. Doch der Dachdecker Thorsten Grott „wollte gleich wieder umdrehen“, als er zusätzlich zur zwar schönen, aber auch herausfordernden Lage auch noch den alten, schiefen Dachstuhl begutachtete, wie er augenzwinkernd berichtet. Tat er natürlich nicht, sondern machte sich an die Planung der Sanierung und der dazu passenden Logistik. Sein Auftrag war umfangreich: Zunächst sollte der alte Dachstuhl repariert werden, danach das Dach eine neue Eindeckung erhalten und schließlich die Spenglerarbeiten ausgeführt werden. Die Fassade hatte der Bauherr bereits in Eigenleistung instandgesetzt.
Mit dem Kahn zur Baustelle
Im Juni 2019 setzten sich dann die Kähne in Bewegung. Sämtliches Material wurde in Nachbarschaftshilfe zur Baustelle gebracht. Selbst der kleine Aufzug der Dachdecker wurde auf einen Kahn verladen, um das Eindeckungsmaterial am Zielort wieder entladen zu können. Dann ging es mitsamt Material den Kanal entlang, bis man am Zielort angelangt war. Dort angekommen, ging die Prozedur von vorn los: Erst den Aufzug abladen, dann das Material.
Mit vier Arbeitskräften war das Dachdecker-Team in den folgenden zwei Wochen vor Ort, um alle Arbeiten fachgerecht zu erledigen. Der Zeitaufwand war aufgrund der örtlichen Bedingungen deutlich höher als bei einer „normalen“ Baustelle mit Straßenanschluss. Zunächst widmeten sich die Handwerker dem Dachstuhl. Sie reparierten schadhafte Sparren, glichen Unregelmäßigkeiten aus und richteten das Tragwerk korrekt aus. „Dieser Arbeitsschritt bedeutete für uns einen enormen Zeitaufwand“, berichtet der Dachdeckermeister Thorsten Grott, „es hat lange gedauert, bis wir das Tragwerk so korrekt ausgerichtet hatten, dass wir an die weiteren Schritte gehen konnten.“ Dann schlugen sie die neuen, schmuckvollen Sparrenköpfe an. So ist die Traufe nun um ein schönes Detail reicher.
Nicht allein entschieden
Schließlich folgten die Eindeckung und die Spenglerarbeiten. Die Wahl des Eindeckungsmaterial lag nicht beim Bauherrn allein. Hier, in einem denkmalschützerisch sensiblen Bereich, mussten die Experten des Denkmalschutzes vor dem Umbau konsultiert werden. So fiel die Wahl auf einen im Spreewald häufig verwendeten Dachziegel-Typus: den Biberschwanz. Der Creaton Biberschwanz KERA Biber Profil blaubunt geflammt erzeugt durch sein intensives Farbspiel ein schönes Verlegebild. Zusammen mit der Kronendeckung, in der er verlegt wurde, und die eine der gängigsten Verlegearten in der Region ist, entsteht eine individuell anmutende Dachfläche. Beim Verlegebild der Kronendeckung liegen auf jeder Traglatte zwei Biberreihen auf, die untere wird Lager-, die obere Deckschicht genannt. So bilden sie untereinander einen regelmäßigen Halbverband. Die Lagerschicht wird hierbei auf der Traglattung eingehängt und die Deckschicht auf der Lagerschicht befestigt. Die Bestimmung der Lattweite und Decklänge ist abhängig von der Dachneigung und liegt bei dieser Deckungsart zwischen 290 und 330 mm.
Die zu verwendende Lattweite bei Biberschwanzziegeldeckungen richtet sich nach der am Bauvorhaben vorliegenden Dachneigung und der nach den ZVDH Fachregeln vorgegebenen Mindesthöhenüberdeckung. Sowohl die Lagerschichten untereinander als auch die Deckschichten untereinander überdecken sich um das Maß der Höhenüberdeckung. Da die Neigung des Steildachs über seine ganze Höhe nicht einheitlich ist, sondern zwischen 40 und 50° variiert, waren die jeweiligen Mindesthöhenüberdeckungen und Lattenabstände zu beachten.
Zahnleiste und Schlangenköpfe
Ein hübsches Detail brachten die Dachdecker am Ortgang an. Anstatt spezieller Ortgangziegel schließt der Giebel mit einer extra angefertigten hölzernen Zahnleiste ab. Auch die für den Spreewald typische Schlangenkopfverzierung des Firsts durfte bei diesem Objekt nicht fehlen. Das markante Kultzeichen ziert bereits seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts die Häuser der Region. Einst sollten die Windbretter symbolisch für Glück und Wohlstand für Haus, Familie und Tiere sorgen und waren auf Schilfrohrgedeckten Dächern anzutreffen. Auf diesen Dächern waren sie einst auch technisch notwendig, um die Eindeckung vor Wind und Sturm zu schützen. Auch dieses Objekt war einst mit Schilfrohr gedeckt. Auf die traditionelle Eindeckung weisen nun nur noch die gekreuzten Schlangenköpfe hin.
Welchem Zweck das Gebäude eines Tages wieder dienen wird, steht noch in den Sternen. Daher ist der Dachaufbau auch erst einmal ganz einfach geblieben: Tragwerk, Lattung, Konterlattung, Biberschwanz. Vom Wasser aus gesehen ist der Bau jedenfalls jetzt schon ein kleines Spreewald-Schmuckstück.
Die Holzwände hatte der Bauherr schon in Eigenleistung liebevoll restauriert.
Mit dem mobilen Aufzug gelangten die Biber vom Wasser aufs Dach.
Der blaubunt geflammte Biberschwanz wurde in Kronendeckung verlegt.
Die Dachdecker brachten schmuckvolle Sparrenköpfe an.
Steckbrief
Objekt/Standort
Spreewaldhaus in Lehde
Bauzeit
06/2019
Dachdeckerarbeiten
Dachdecker-Meisterbetrieb Thorsten Grott
03099 Kolkwitz / OT Kunersdorf
Produkt
KERA BIBER Profil, blaubunt geflammt