Mitten in der historischen Altstadt von Freiburg, umgeben von mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäusern sowie engen Gassen, steht seit dem frühen 18. Jahrhundert die katholische Universitätskirche. Im Jahr 2022 begannen die aufwändigen Arbeiten zur Dachsanierung, die aufgrund des halbrunden Chorbaus und anderer architektonischer Details eine große Herausforderung darstellten. Unter dem Leitspruch "Einfach kann ja jeder" hat sich ein erfahrener Dachdeckerbetrieb, der sich auf Denkmalschutz spezialisiert hat, dieser komplexen Aufgabe angenommen.
Historische Bausubstanz teilweise beschädigt
Die katholische Universitätskirche ist im Stil einer barocken Wandpfeilerkirche gestaltet. Die auffällige südliche Eingangsfassade an der Bertholdstraße zeichnet sich durch den Wechsel zwischen rotem Sandstein und verputzten Flächen aus. Der halbrunde Chorbau im Norden sowie der niedrige Glockenturm mit Zwiebelhaube sind aufgrund der engen umgebenden Bebauung erst auf den zweiten Blick erkennbar. Die Universitätskirche in Freiburg im Breisgau wurde von 1683 bis 1701 von Heinrich Mayer, einem Bruder des Jesuitenordens, errichtet und diente ursprünglich als Kirche des Jesuitenkollegs. Ihr Baustil orientiert sich an der Solthurner Jesuitenkirche aus dem Jahr 1689. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1793 ging die Kirche in den Besitz der Universität Freiburg über.
Durch den Luftangriff auf Freiburg am 27. November 1944 wurden die Gewölbe zerstört und die gesamte Innenausstattung, einschließlich des raumhohen barocken Altarprospekts, fiel den Flammen zum Opfer. Beim Wiederaufbau in den Jahren 1956/57 wurden die zerstörten Gewölbe in Stahlbeton neu errichtet und der verbliebene Teil der historischen Kirche soweit wie möglich restauriert. Im halbrunden Chorraum wurden die strukturgebenden Pfeiler und Gebälkstücke wiederhergestellt. Die Gebäude der sogenannten Alten Universität, ehemals das Jesuitenkolleg, in denen heute noch Einrichtungen der Universität, das Universitätsmuseum namens "Uniseum" und das Literaturhaus Freiburg untergebracht sind, grenzen unmittelbar an die Kirche.
Jeder Ziegel im Segment zugeschnitten
Das Eindecken des halbrunden Chorraums gestaltete sich im Gegensatz zur Hauptdachfläche recht anspruchsvoll. Von der Firstspitze wurden einzelne segmentartige Schnurschläge gespannt und die Ziegel mussten in jeder zweiten Reihe entsprechend angepasst werden. Die Ausbildung von Fugen in den Segmenten war unerlässlich. Auch bei der Ausbildung der seitlichen Dachabschlüsse mittels Zahnleisten wurde auf eine denkmalgerechte Ausführung geachtet, die heute nicht mehr üblich ist, aber damals zum Standard zählte. Da es für die Ausführung mit Zahnleisten keine Formziegel gibt, wurden die Ortgänge mit ganzen und 2 ¾ Biberziegeln hergestellt. "Solche Besonderheiten macht man als Dachdecker heute meist nur noch in Prüfungen. Unser Betrieb saniert viele denkmalgeschützte Gebäude, von denen es hier in der Gegend ja viele gibt. Daher sind wir im Ausführen von Besonderheiten geübt und gut darin", sagt Dachdecker Andreas Joos. Die Firstentlüftung stellten die DachdeckerInnen mit einer denkmalgerechten ¾ Biberlösung her und verlegten in der letzten normalen Ziegelreihe Lüftungsschlitze. Auf das Vermörteln des Firsts wurde verzichtet, um zu verhindern, dass Mörtel abfällt. Damit die Anschlüsse an die weiteren Dachflächen dicht ausgeführt werden konnten, wurden die Kehlen durch Nockenbleche ausgebildet. An den Traufen wurden die Dachrinnen bis auf wenige Ausnahmen neu erstellt, Stöße wurden abgedichtet. Für die Dachsicherung wurde in den notwendigen Bereichen eine Sturmverklammerung durchgeführt. Die Schneelast wurde statisch berechnet und ein mehrreihiges Schneefangsystem mit Schneefanggittern als Sicherung installiert. Damit auch spätere Wartungs- und Reparaturarbeiten mit der richtigen Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (kurz PSAgA) sicher durchgeführt werden können, wurden entsprechende Dachhaken angebracht.
Neues Dach mit seltenen BiberschwanzZiegeln
Den Auftrag für die Dachsanierungsarbeiten für die gesamte Fläche erhielt die Firma Holzbau Arno Späth GmbH bereits 2020. Aufgrund von Material- und Coronakrisen begannen die Arbeiten jedoch erst im August 2022 auf der Baustelle. Die Kupferblech-Eindeckung des Zwiebelturms war noch in gutem Zustand und daher nicht Teil des Sanierungsauftrags.
Es stellte sich heraus, dass das Gebälk in gutem Zustand war und nur vereinzelt Holzelemente ausgetauscht werden mussten. Die Konter- und Dachlattung wurde jedoch komplett erneuert. Das Denkmalamt stimmte der Verwendung einer Unterspannbahn für die neu einzudeckenden Flächen zu, um besseren Schutz vor Feuchte zu gewährleisten. Dies vereinfachte auch die Bauzeit, da die Dachkonstruktion nicht ständig mit Planen gesichert werden musste. "Es wäre fatal gewesen, wenn während der Bauarbeiten Wasser in das Deckengewölbe eingedrungen wäre", berichtet der Dachdeckermeister Andreas Joos. Es war keine Option, die alten Dachziegel für die 1.500 Quadratmeter große Fläche auch nur teilweise wiederzuverwenden. Als neue Dacheindeckung entschied man sich für den Biberschwanzziegel Handstrich im Profil Rundschnitt von Creaton. Dieser spezielle Biberziegel, der nur im Schweizer Sortiment des Herstellers erhältlich ist, ist leicht zu verlegen und fügt sich harmonisch in die Dachlandschaft der Altstadt ein.
Herausforderndes Chordach: Von der Firstspitze wurden segmentartige Schnurschläge gespannt. Die Ziegel wurden in jeder zweiten Reihe angepasst. (Foto: Creaton)
Chordach im Detail: Hier war spezielles Fachwissen und viel Erfahrung im Denkmalschutz entscheidend. (Foto: Creaton)
Windsogsicherung: Alle Biberschwanzziegel wurden mit Schrauben befestigt. (Foto: Creaton)
Die seitlichen Dachabschlüsse sind mit Zahnleisten ausgeführt worden. (Foto: Creaton)
Schneelast und Dachsicherheit: Es wurden Schneefanggitter und Dachhaken zur Sicherung späterer Wartungsarbeiten angebracht. (Foto: Creaton)
Herausfordernde Baustelleneinrichtung
Die Baustelleneinrichtung in einer Innenstadt bringt weitere Herausforderungen mit sich. Die Kirche liegt an der stark frequentierten Bertholdstraße, die nicht nur von Autos, sondern auch von Straßenbahnen befahren wird und mehrere Wohn- und Geschäftshäuser beherbergt. Auf- und Abbau des Krans waren nur sonntags möglich. Als Aufstellort für den Kran bot sich die Brunnengasse an, eine kleine Seitengasse. Das Baumaterial konnte im Innenhof der Kirchanlage gelagert werden.
Die Kirche hat die Winterzeit mit Schnee, Regen und windigen Tagen unbeschadet überstanden. Im April 2023 wurde der Kran abgebaut. Der Dachdeckerbetrieb hatte durchschnittlich vier Mitarbeiter auf der Baustelle im Einsatz. Mit Ausnahme einiger Unterbrechungen arbeiteten sie von September bis April hoch über den Dächern von Freiburg. Andreas Joos zeigt sich sichtliche Stolz auf die herausragende Leistung seiner Mitarbeiter, die während des Eindeckens aufgrund der Größe und Komplexität der Dachformen oft vor keiner einfachen Aufgabe standen. Bezüglich des Nachwuchses in seinem Betrieb, der auch zukünftig denkmalgerechte Dachsanierungen durchführen wird, äußerte er sich optimistisch: „Wir bilden pro Jahr zwei bis drei Nachwuchskräfte aus. Aktuell haben wir fünf Auszubildende, und im September werden noch zwei dazukommen. Es freut uns sehr, dass sowohl das Dachdecker- als auch das Zimmererhandwerk wieder für junge Leute attraktiv ist.“
Trotz einiger Herausforderungen und der komplexen Ausführungsdetails konnten die Dachsanierungsarbeiten an der Universitätskirche Freiburg erfolgreich abgeschlossen werden - dank erfahrener und hoch motivierter Handwerker im engen Zusammenspiel mit der Denkmalschutzbehörde.
Steckbrief
Objekt/Standort
Katholische Universitätskirche, D-79098 Freiburg
Dachdeckerarbeiten:
Holzbau Arno Späth GmbH, D-79189 Bad Kronzingen, www.spaeth-holzbau.de
Produkte
Handstrich Biberschwanzziegel im Profil Rundschnitt